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Aktuelle Rechtslage
Artikel 17 der EU-Urheberrechtsreform
Es ist also trotz zahlreicher Proteste und Bedenken tatsächlich passiert. Dem umstrittenen Artikel 17 (ehemals Art. 13) der EU-Urheberrechtsreform wurde zugestimmt. Am 26.03.2019 durch das EU-Parlament und am 15.04.2019 durch die Agrarminister/-innen der EU-Mitgliedstaaten.
Aktuelle Rechtslage
Aktuell ist es nicht erlaubt, fremdes Material ohne Genehmigung auf Plattformen hochzuladen, trotzdem geschieht dies tagtäglich. Urheber/-innen können sich in diesen Fällen beschweren und Geld von der Person fordern, die geschütztes Material widerrechtlich genutzt hat. Somit wird die Person belangt, die das Urheberrecht eines Anderen verletzt hat. Plattformen haben in diesem Zusammenhang jedoch die Pflicht, gemeldetes Material zu löschen. In vielen EU-Mitgliedsstaaten, so auch in Deutschland, muss nach Löschung verhindert werden, dass dieses Material wieder hochgeladen wird. Dies geschieht meist durch automatische Filterung vor dem tatsächlichen Upload.
Änderungen durch Artikel 17 und dessen Folgen
Mit Artikel 17 der EU-Urheberrechtsreform ändert sich dies nun. Jene Plattformen werden belangt, die es zulassen, dass Inhalte hochgeladen werden, die gegen das Urheberrecht verstoßen. Dadurch werden Plattformen künftig gezwungen, dass nur die Inhalte hochgeladen werden können, für die auch die Plattform eine Lizenz erworben hat. Bei Millionen von Inhalten, die täglich hochgeladen werden, ist es unmöglich, dass eine urheberrechtliche Prüfung der Inhalte manuell geschieht. Daher werden Plattformen wohl auf sogenannte Uploadfilter zurückgreifen müssen, auch wenn es laut Befürwortern dazu keinen Zwang gibt. Diese Software prüft bereits vor dem Hochladen, ob das Material gegen das Urheberrecht verstößt.
Von dieser Regelung sind nicht-kommerzielle Plattformen (z.B. Wikipedia) und Onlinehändler (z.B. eBay, Amazon) nicht betroffen. Ebenfalls ausgenommen sind neue Plattformen, die nicht älter als drei Jahre sind, keinen Jahresumsatz über zehn Millionen Euro erzielen oder deren Nutzerzahl pro Monat unter fünf Millionen beträgt. Dies würde beispielsweise trotzdem bedeuten, dass Diskussionsforen von kommerziellen Webseiten (auch Nachrichtenseiten), die älter als drei Jahre sind, ebenfalls ein Uploadfilter installieren müssten. Auch kleinere Plattformen, die älter als drei Jahre sind, müssten folglich entweder eine enorme Anzahl an Lizenzen erwerben oder Inhalte vor dem Hochladen automatisch filtern. Beide Möglichkeiten sind für kleinere Plattformen auf Dauer finanziell nicht möglich.
Ebenfalls existieren Schrankenregelungen (Ausnahmen) für die Nutzung von geschützten Inhalten im Privaten, für Satire, Bildung, Kritik etc. Doch technisch ist es noch nicht möglich, dass die eingesetzte Software dies von tatsächlicher Urheberrechtsverletzung unterscheidet. So passiert es regelmäßig, dass der Uploadfilter von Youtube Material löscht, das eigentlich nicht gegen das Urheberrecht verstößt. Zwar kann man bei unberechtigter Löschung des Inhaltes Beschwerde einreichen, doch bis diese geprüft wird, können Wochen oder Monate vergehen.
Die Reform des Urheberrechts kann auch aus datenschutzrechtlicher Sicht zu Problemen führen. So ist der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit, Ulrich Kelber, der Ansicht, dass große Anbieter von Filter-Software verstärkt Daten über Nutzer vieler Plattformen und Dienste im Internet sammeln können.
Insbesondere Artikel 17 könnte somit die Vielfalt und Meinungsfreiheit im Internet auf Dauer stark einschränken. Denn Plattformen werden lieber zu viel als zu wenig filtern, um Sanktionen zu vermeiden. So würde es weniger Content geben und kleinere Plattformen könnten sich aufgrund der hohen Kosten dauerhaft nicht halten. Großunternehmen, wie Facebook oder Google, hätte so die Möglichkeit ihre Position weiter auszubauen. Befürworter sehen das jedoch anders und sind der Meinung, dass im Großen und Ganzen durch die Reform Urheber/innen besser geschützt werden und so fairer vergütet werden können.
Schlusswort
Ob das Internet sich durch die EU-Urheberrechtsreform, wie Kritiker befürchten, stark negativ verändern wird, wird sich in zwei Jahren zeigen, wenn die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wird. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung bereits angekündigt, dass durch Pauschallizenzen auf Uploadfilter verzichtet werden könnte. Alle Inhalte können hochgeladen werden und sind innerhalb eines bestimmten Zeitraums befreit von Lizenzgebühren. Wird dieser Zeitraum überschritten, so soll die jeweilige Plattform Lizenzen für die urheberrechtlich geschützten Werke erwerben. Rechteinhaber/-innen können jedoch auch die Löschung des hochgeladenen Materials verlangen.
Dies bedeutet, dass man trotz Zustimmung zur neuen EU-Richtlinie, diese national auf völlig andere Art und Weise umsetzt, als sich aus der Richtlinie ableiten lässt. Damit wird die Harmonisierung des digitalen Binnenmarkts in Punkto Urheberrechts nicht gefördert, sondern eher verhindert.
Es stellt sich schlussendlich die Frage, warum eine so kontroverse Reform, trotz Protesten und zahlreicher Kritiken aus unterschiedlichen Branchen, unverändert verabschiedet wird.

Alper Kaya ist seit Herbst 2014 Student der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Betriebswirtschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Seit 2018 ist er daneben als Werkstudent bei der Datev eG tätig. Derzeit unterstützt Herr Kaya den Beauftragten für den Datenschutz im Bereich Service und Vertrieb.

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