Themen
Tipp des Monats
Machen Sie in nur zehn Minuten den IT-Sicherheitscheck von Deutschland sicher im Netz. Der Test liefert Handlungsempfehlungen, mit denen Sie die eigene IT-Sicherheitslage verbessern können.
Newsletter
Um neue Beiträge regelmäßig zu erhalten, können Sie hier unseren Newsletter abonnieren:
Wie die Blockchain unsere Art zu Handeln ändert
Vertrauen ist gut, Anonymität ist besser
Eine anonyme Masse von Computern mit spezieller Software entscheidet über die Rechtmäßigkeit von Zahlungsmitteln, Transaktionen und Verträgen: Noch werden Blockchain und Bitcoins nicht stark wahrgenommen. Zu Unrecht.
Techniken wie Blockchain und Bitcoins werden binnen kurzer Zeit die Art ändern, wie der Zahlungsverkehr abläuft und wie Verträge entstehen und in Kraft treten. Die bisher mangelnde Bekanntheit hängt unter anderem damit zusammen, dass die Technik kompliziert und nicht leicht zu erklären ist. Ein Erklärungsversuch:
Blockchain ist die Technik, die hinter den Bitcoins steht. Bei Bitcoins handelt es sich um ein Zahlungsmittel, das ausschließlich im Internet existiert und 2008 entwickelt wurde. Anders als herkömmliches Geld werden Bitcoins nicht gedruckt oder geprägt, sondern entstehen dadurch, dass Internetnutzer Rechenzeit auf ihren Computern zur Verfügung stellen. Diese Rechenzeit der zigtausenden „Miners“, wie diese Internet-Freiwilligen genannt werden, wird benötigt, um Bitcoins fälschungssicher herzustellen und um Transaktionen, bei denen Bitcoins verwendet werden, zu protokollieren. Die Miners erhalten für ihre Rechenzeit: Bitcoins. Die Summe der Bitcoins ist auf 21 Millionen gedeckelt, damit keine Inflation entsteht. Da der Wert der Bitcoins gegenüber dem Dollar und Euro seit Jahren steigt, reicht die Summe von 21 Mio. für alle Geschäfte aus. Ein einziger Bitcoin kann in 100 Mio. Einheiten gestückelt werden.
Vertrauen durch Masse
Alle – und das ist das schwer Vorstellbare – Transaktionen weltweit zwischen zwei handelnden Subjekten – sogenannten Peers – werden in der sogenannten Blockchain protokolliert. Die Blockchain – also eine Kette von Informationsblöcken, in denen die Transaktionen protokolliert werden, ist auf allen Computern der beteiligten Miners verfügbar. Wenn nun A von B ein Haus kauft und per Bitcoin bezahlt, wird diese Transaktion an die Blockchain als zusätzliches Kettenglied angehängt. Die Information über die Transaktion steht dann auf allen beteiligten Rechnern zur Verfügung. Erst, wenn die Mehrheit der Netzknotenrechner die Unversehrtheit der Blockchain bestätigt, fließen Bitcoins von A zu B. In der Blockchain ist auch verzeichnet, ob A über ausreichend Bitcoins für einen Kauf verfügt.
Die Unversehrtheit der Blockchain kann an Hand von Prüfsummen oder auch Hashwerten überprüft werden. Hashwerte werden genutzt, um große Datenmengen in einer relativ kleinen Zeichenfolge eindeutig darzustellen – ähnlich, wie eine Person an Hand eines Fingerabdrucks identifiziert werden kann. Selbst kleinste Änderungen am Originaltext oder einer Zahl ändern den Hashwert komplett.
Sollte also jemand versuchen, einen falschen Block oder eine Kette von Blöcken in die Blockchain einzuschleusen, wird die Fälschung erkannt, weil die Prüfsumme des eingeschmuggelten Blocks von der Mehrheit als falsch erkannt wird. Die Transaktion wird abgebrochen, das Geschäft kommt nicht zustande. Ebenso wird auf diese Art verhindert, dass ein und derselbe Bitcoin mehrfach ausgegeben wird.
Anonymität, Smart Contracts und andere Anwendungsfelder
Wenn Zahler und Empfänger Anonymisierungsdienste im Internet nutzen oder ihre Bitcoin-Brieftasche („eWallet“) anonym verwalten, können Transaktionen vorgenommen werden, ohne dass eine Rückverfolgung möglich ist.
Ein anderes Anwendungsfeld sind sogenannte „Smart Contracts“: Länder wie Georgien oder Honduras, die mit Korruption und unklaren Besitzverhältnissen zu kämpfen haben, haben teilweise (Honduras) oder erst jüngst, wie in Georgien, ihren Bürgern die Möglichkeit eingeräumt, ihren Besitz fälschungssicher in der Blockchain zu registrieren. Als verteiltes Ablagesystem kann die Blockchain Besitzverhältnisse sehr gut und ohne Manipulationsmöglichkeiten dokumentieren. Verträge per Blockchain, wie z.B. der Verkauf eines Autos, können künftig zusätzlich dadurch abgesichert werden, dass ein Code zur Freigabe der Zündung erst dann automatisch zum Käufer übertragen wird, sobald die Bitcoin-Zahlung eingegangen ist (vgl. IT-Finanzmagazin). Bei Ratenkäufen könnte der Zugang zum Auto gesperrt werden, wenn die Ratenzahlung stockt.
Da die Blockchain bei richtiger Programmierung nicht manipuliert werden kann, eignet sie sich auch zur zweckgebundenen Verwendung von Bitcoins als „intelligenter Währung“. So könnten z.B. Zahlungen von Krankenkassen sicher an Ärzte abgeführt werden, ohne sich unzulässig auf Patientenkonten zu sammeln, da die Bitcoins der Krankenkasse für nichts anderes als Heilbehandlung oder Medikamente verwendet werden dürfen.
Wie am Beispiel der Grundbucheinträge gezeigt könnten per Blockchain auch fälschungssichere Wahlen zu Hause vom Computer oder vom Smartphone aus durchgeführt werden.
Risiken: Manipulation, Überlastung Monopolisierung
Jede Technik ist immer nur so gut wie ihr Schöpfer, das gilt auch für die Blockchain. Im Juni 2016 gelang es einem Hacker, sich 53 Mio. der virtuellen Währung „Ether“ des DAO-Fonds anzueignen, indem er eine Schwachstelle des Systems ausnutzte, die es eigentlich nicht geben dürfte – das „Double-Spending“, also die mehrfache Ausgabe ein und derselben virtuellen Währung. Da gesetzliche Regelungen der DAO (für “decentralised autonomous organisation”) fehlen, beanspruchte der Hacker sogar, legal in den Besitz der Währung gekommen zu sein. Die Verwalter des Fonds konnten zwar die komplette Fond-Währung einfrieren und den Fehler beheben, aber das Vertrauen in sogenannte Kryptowährungen ist erschüttert. Die Sicherheitsstandards, die greifen müssen, sind nicht die aus dem Finanzwesen bekannten, sondern eher die der Raketentechnik.
Durch das Wachstum der Blockchain wird zudem immer mehr Rechenleistung benötigt. Hier könnte es nach Auffassung von Kritikern zum Kollaps kommen. Dem widersprechen allerdings mehrere Beobachtungen. Zum einen vervielfacht sich die Rechenleistung von Computern ständig, zum anderen könnte es durch Datennormaliserung in einem Referenzierungssystem mehrere parallele und kleinere Blockchains geben. Auch dem Internet selbst wurde Ende der 90er Jahre ein rasches, leistungsbedingtes Ende vorausgesagt.
Weiterhin könnten technische Giganten wie Google, Facebook oder IBM versuchen, die Blockchain-Technik zu perfektionieren. Durch Bereitstellung eines hervorragenden kostenlosen Service wird die Blockchain langfristig monopolisiert, da niemand gegen die Experten konkurrieren kann. Der Zugang zur Blockchain könnte so von Big Playern bestimmt werden.
Fazit
Die Blockchain ist viel mehr als ein „Buzzword“ und wird Kinderkrankheiten überwinden. Die Finanzbranche nimmt die Technik zumindest sehr ernst. Wells Fargo, Deutsche Bank, Credit Suisse und andere Große haben Konsortien gebildet, die die Blockchain austesten. Auch bei zurückhaltender Prognose kann man davon ausgehen, dass sich die Blockchaintechnik innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre in vielen Anwendungsbereichen durchsetzen und Geschäftsmodelle nachhaltig verändern wird.
Jens Wilhelm, wilhelm innovative medien

Jens Wilhelm ist Geschäftsführer von wilhelm innovative Medien. Die Agentur berät seit 20 Jahren bekannte Marken, Verbände, Behörden und Institutionen in Fragen der Onlinekommunikation.

Neueste Kommentare