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Angriff auf das Papier-Original
Seit einigen hundert Jahren verlassen wir uns im Zweifel auf das „Originaldokument“ mit der „händischen Unterschrift“.
Politischer Wille stellt nun diese Exklusiv-Bewertung hinsichtlich des Beweiswertes in Frage. Endlich!
Obwohl die technischen Richtlinien des BSI grundsätzlich keine direkt normative Wirkung entfalten, so ist doch eine Beweiswerterhöhung zu erwarten, wenn deren Einhaltung im Rechtsstreit nachweisbar ist. Eine neue BSI-Richtlinie namens RESISCAN will nun Orientierung für diejenigen bieten, die das Papier nach dem Scan-Vorgang vernichten wollen, ohne Angst vor einem Beweiswertverlust haben zu müssen.
Das eGovernment- und eJustice-Gesetz erwähnen das ersetzende Scannen in ihren Entwürfen ausdrücklich und so stellt sich die (juristische) Frage, ob ein verlässlicher, „sicherer Scan“ unter Umständen den Beweiswert eines Papier-Originals haben kann. Es würden (vor allem in den Klein- und Mittelbetrieben) viele hundert Millionen Euro eingespart werden können und deshalb wird DATEV diese wichtige Frage im Herbst beantworten. Wie wir das machen?
DATEV plant gemeinsam mit der Uni Kassel (Prof. Roßnagel) für den Oktober 2013 eine sogenannte „Simulationsstudie“. Richter einer Zivil- und Finanzgerichtsbarkeit werden in simulierten Fällen, die jedoch einen engen Realitätsbezug haben, Urteile sprechen, die den Beginn einer „herrschende Meinung“ in der Rechtsprechung etablieren. Hat erstmal ein Richter entschieden, dass z.B. eine Papier-Rechnung weggeworfen werden kann, wenn der Scan unter den Voraussetzungen XY erfolgt ist, kann das Papier seinen Alleinvertretungsanspruch in Sachen Beweiswert nur noch bedingt aufrecht erhalten.
Nun ist nicht zu erwarten, dass ab November alle Dokumenttypen nach dem Scan vernichtet werden können. Es geht darum einen Anfang zu machen, einen Feldweg zu markieren, der nachfolgend zur Straße wird und schließlich zur Autobahn. Anders kann es übrigens auch gar nicht kommen, wollen wir nicht auf unabsehbare Zeit parallel die Versionen in Papier und als eDokument archivieren, um damit ressourcenökonomischen Irrsinn zu stiften.
„Zukunft Gestalten. Gemeinsam“ meinen wir also ernst und werden deshalb unter Einbeziehung der Ministerien und Behörden, von Kammern und Verbänden, den Gerichtsbarkeiten, Anwälten und Sachverständigen, von Soft- und Hardware und Prozessbeschreibungen im Herbst eine Simulationsstudie abhalten, von der Sie noch hören werden und dann ist der Weg zur Reduzierung der Aktenberge nicht mehr weit. Bleiben Sie auf diesem Kanal, ich werde Ihnen berichten …
Update 18.11.2013: Das Ergebnis der “Simulationsstudie” finden Sie hier.
Bild: © Deutschland sicher im Netz e.V.
10 Kommentare zu Angriff auf das Papier-Original
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Dipl. Kaufmann (FH)
Seit 2002 bei DATEV, zunächst als Projektleitung elektronischer Rechtsverkehr tätig. Seit November 2009 ist Torsten Wunderlich Leiter des DATEV-Informationsbüro Berlin und dort in Gremien, Verbänden und politischen Ausschüssen am Ohr der Zeit zu eGovernment-Themen und deren IT-Sicherheitsmerkmalen. Oft übernimmt er die Rolle des “Übersetzers” zwischen Technikern, Juristen, Politikern und Betriebswirten, die oft keine gemeinsame Sprache in der Sache haben.

Ersetzendes Scannen
Alles gut gemeint, aber die Realisierung bietet hohe Hürden. Sicherlich Hunderte von Zivil- und Strafprozessen werden jährlich über die Frage entschieden, ob Unterschriften unter wichtige Dokumente gefälscht sind oder nicht. Ich kann nur dazu raten, Schriftsachverständige etwa der LKA oder BKA an dieser Studie zu beteiligen.Es muss auch beim ersetzendes Scannen mit der bisherigen Trefferquote möglich bleiben, eine bestrittene Urheberschaft einer Unterschrift zu beweisen.
Hohe Hürden
… korrekt ! Und darum wollen wir auch nicht mit den höchsten Anforderungen beginnen, sondern z.B. mit unterschriftslosen Messenbelegen, wie Papier-Rechnungen, die bei deutschen KMUs tausende von Schrank-Kilometern voll_stellen und quasi ein “Beweiswertüberangebot” markieren, weil das Rechnungswesen den entsprechenden Datensatz ohnehin verifizieren kann und dazu ein “sicher Scan” vorliegt … Klar, wir sind noch auf dem Feldweg : -)
Dokumentenmanagement
Finde den Begriff “sicherer Scan” sehr gut. Ab wann ist ein Scan “sicher”? Wer entscheidet darüber? Sehr interessant auch: Man muss natürlich entsprechende Backup Vorkehrungen treffen.…ob das gerade Kleinunternehmen so richtig hinbekommen? Hm…bin mir da nicht so sicher. Bin auf jeden Fall sehr auf die Ergebnisse der Studie gespannt…
Nur nebenbei: aus ökologischer Sicht wäre ein solcher Schritt natürlich super.
Das Thema auf Heise
… Sie haben die richtigen Fragen gestellt und die werden sämtlichst von der SIM-Studie beantwortet, — direkt oder indirekt. Witzig in der Heise-Community zu der Meldung: Die eine Hälfte findet so eine Studie völlig unnötig, die andere Hälfte wundert sich, warum so wichtige Fragen jetzt erst geklärt werden. Das läßt mich vermuten, dass nicht alle über das Selbe reden und es kein gemeinsames Bild zur Aufgabenstellung gibt … 😉
Stimmt, — auch aus ökologischer Sicht gut und überfällig !
Welcher Weg wird’s denn?
“Die eine Hälfte findet so eine Studie völlig unnötig, die andere Hälfte wundert sich, warum so wichtige Fragen jetzt erst geklärt werden.”
Wenn ich den Teilaspekt der Papierrechnungen bei KMUs betrachte, die jetzt schon automatisiert gescannt und verarbeitet werden, so wundert mich diese Beurteilung nicht. Es besteht in diesem Einsatzfeld scheinbar keine Notwendigkeit für das Feststellen der 100% Beweiskraft eines einzelnen Dokumentes — in diesem Falle einer Rechnung – denn eine Rechnung entsteht halt nicht aus dem ‘Nichts’, es gibt immer begleitende Unterlagen und letzten Endes das IKS des einzelnen Kaufmanns. Diese Beurteilung scheint wohl auch beim BMF angekommen zu sein – seither kann eine Rechnung bekanntlich auf fast allen elektronischen Wegen und in diversen Formaten zugestellt werden (mal etwas flapsig ausgedrückt).
So gesehen halte ich diese Studie im oben genannten Umfeld für sinnfrei.
Wesentlich fundierter argumentiert dies ebenfalls das BITKOM:
http://bit.ly/BITKOM-Beweiskraft
Sinnfrei
… “sinnfrei” empfinde ich, dass die teuerste deutsche Bürokratievorschrift nach statistischem Bundesamt die Archivierung von Papierrechungen ist: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑113750726.html
Der BITKOM war gestern und vorgestern bei der Simulationsstudie auch mit dabei und genauso “erkenntnisbegeistert”, wie die anderen 50 Teilnehmer …
Der Punkt ist: Es braucht mehr rechtlich Klarheit, die sich auch in konkreten technisch-organisatorischen Regeln abbildet und da sind wir einen großen Schritt voran gekommen : -)
Es braucht mehr rechtlich Klarheit
…„Der Punkt ist: Es braucht mehr rechtlich Klarheit, die sich auch in konkreten technisch-organisatorischen Regeln abbildet“
Ist das wirklich der Punkt, oder wurde uns gesagt, dass das der Punkt ist?
Mißtrauen
… wo kommt denn bloß diese Mißtrauen her ? Ich weiß wirklich nicht was Sie wollen, sorry.
Mißtrauen – aus Erfahrung gut
Mißtrauen – aus Erfahrung gut
Erfahrung: Kündigung eines Wartungsvertrages für eine Signaturerstellungskomponente im Massenverfahren, da keine Signierung beim elektronischen Rechnungsversand mehr zum Einsatz kommt.
Anschließend ca. alle 2 Monate Anrufe des Herstellers, ob man sich das auch wirklich gut überlegt habe, die Auswirkungen tatsächlich alle richtig bewertet habe und dergl. mehr. Beim letzten Anruf vor ca. 2 Monaten dann der Hinweise auf die „Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung“ Anfang des Jahres. Das kommentierte Ergebnis: „Ein qualifiziert elektronisch signiertes Dokument ist als Beweismittel nahezu unangreifbar.“ Diese Aussage kann ich im Rahmen der Rechnungserstellung und Signierung sofort unterschreiben. Aber genau das ist hier eben nicht der Punkt, wie schon weiter oben geschrieben.
Hier unterstelle ich dem Hersteller den legitimen Wunsch, den Wegfall eines Geschäftsfeldes durch ein neues zu ersetzen. Als ich dann von dieser Simulationsstudie erfuhr war sofort klar, welche Lobby hier am Werk ist. Und eben das erzeugt dann bei mir Mißtrauen in Bezug auf die Motivation: Ja soll hier denn wirklich mehr Rechtssicherheit geschaffen werden? Wohl kaum – das ist zumindest mein Fazit.
Und das eine Zusammenfassung der „Simulationsstudie“ lautet „Elektronische Signatur eigentlich unerheblich“, ist Ihnen sicherlich auch bekannt – siehe http://kurzlink.de/roMHT8Lu4
verstanden !
Lieber Herr Körber, — vielen Dank für diesen Eindruck, — jetzt verstehe ich Sie besser ! Nehmen Sie mich beim Wort: Beim Ersetzenden Scannen geht es mir um verbindliche Scan-Sicherheit bei den KMUs über Standardverfahren, — die Großen machen das längst. Wir haben jetzt eine belastbare rechtliche Grundlage, um Lösungen etablieren zu können, — das wird ein paar Monate dauern, aber in sehr absehbarer Zeit werden Papierrechungen direkt nach einem definierten Scan vernichtet werden können, — transparent, mit wenig Technik und Zusatzkosten. Wenn sich das für das KMU nicht lohnt, behält es das Papier einfach, — es muß also sehr günstig sein. Wenn Sie mich direkt adressieren wollen: torsten.wunderlich@datev.de — beste Grüße, TW