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Netzneutralität III
Wollen wir die Netzneutralität als Idealvorstellung vor dem Verfall schützen, um z.B. Meinungsfreiheit und Wettbewerbsgleichheit hoch zu halten? Oder retten wir das, was nach den Eingriffen an verschiedenen Stellen tatsächlich noch von ihr übrig ist?
Im ersten Teil der Beitragsserie habe ich versucht Begriffe zu erklären und Zusammenhänge aufzuzeigen, um so ein Grundverständnis für das Thema Netzneutralität zu vermitteln. Im zweiten Teil bin ich genauer auf die Problematik und deren unterschiedliche Dimensionen eingegangen. Nun soll abschließend im letzten Teil dieser Beitragsserie ein kurzer Einblick in die aktuelle Lage und die verschiedenen (nationalen) Standpunkte gegeben werden.
Wo gibt es bereits Eingriffe und welche Konsequenzen haben sie?
Im stationären Bereich ist die Beeinflussung der Netzneutralität noch relativ gering. Für großes Aufsehen hatte die Meldung im Mai 2011 gesorgt, als die Deutsche Telekom öffentlich eingestanden hat, dass sie die Verbindungsgeschwindigkeiten bei YouTube-Aufrufen absichtlich drossle (Quelle: pc-magazin.com). Ob sich aufgrund des Aufschreis der Medien dieser Umstand jedoch wieder geändert hat, ist bis heute unklar. Andere Internetanbieter sind in der Öffentlichkeit bislang noch in keine derartige Bedrängnis geraten und können somit ihre individuelle Geschäftspolitik bzw. ‑praktiken ohne Rechtfertigungsdruck weiter verfolgen.
Was die Sparte des Mobilfunknetzes angeht, müssen Kunden schon heute mit deutlichen Eingriffen in die Netzneutralität leben. Viele Dienste (z.B. Apple’s FaceTime, Microsoft Skype) werden bislang nicht nur technisch, sondern auch durch explizite Hinweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) pauschal von den jeweiligen Mobilfunkprovidern blockiert. Zudem ist aufgrund von begrenzten Kapazitäten in den Funknetzen und der exponentiell steigenden Zahl an internetfähigen Geräten die Übertragungsgeschwindigkeit volumenbasiert beschränkt (d.h. selbst bei einer vermeintlichen Flatrate wird ab einem bestimmten Datenvolumen “gebremst”).
Diese sog. “Bandbreiten-Einschränkung” scheint sich neuerdings auch auf die stationären Internetanschlüsse (z.B. das zukunftsträchtige Glasfasernetz) auszudehnen. So war bereits im März dieses Jahres zu lesen, dass erneut die Deutsche Telekom (als eine der führenden Kräfte im Glasfaser-Netzausbau in Deutschland) bei ihren neuen Glasfaser-Anschlüssen eine Volumenbeschränkung einführt (Quelle: heise.de). Das klingt im ersten Augenblick wenig dramatisch, doch nach erreichen dieser Volumenbegrenzung wird die Bandbreite des Anschlusses soweit gedrosselt, dass Telefon- bzw. Videoübertragungen störungsfrei fast nicht mehr möglich sind. Ob dieses Phänomen auch bei normalen Internetanschlüssen Verbreitung finden wird, wissen bislang lediglich die Anbieter.
Welche (nationalen) Standpunkte gibt es?
In den USA wird das Thema Netzneutralität bereits seit 2008 diskutiert. Seitdem wurden viele Diskussionen auch auf der politischen Bühne geführt, mit dem Ergebnis, dass die Federal Communications Commission (FCC) Ende 2011 ein Gesetz erlassen hat, welches zwar die Neutralität gewährleisten, aber nicht garantieren kann. D.h. der Zugang zu Informationen und Websites muss beispielsweise unabhängig vom gewählten Anbieter möglich sein, aber die Geschwindigkeit dafür ist nicht reguliert.
In der EU ist die Regulierung bislang sehr heterogen. Es gibt zwar eine seit 2009 ins Leben gerufene Behörde Namens “Body of European Regulators of Electronic Communications” (BEREC), welche die Kommunikation zwischen den nationalen Gesetzgebungsorganen hinsichtlich der Belange von elektronischer Kommunikation verbessern soll. Dennoch verhindern immer neue Konsultationen, ausgelöst von verschiedenen Interessensgruppen und Lobbyisten, ihre tatsächliche Beratungsfunktion.
Darüber hinaus gibt es auf Ebene der einzelnen EU-Mitgliedstaaten eine sehr unterschiedliche Handhabung des Themas: In den Niederlanden beispielsweise ist seit Mitte 2011 ein Gesetz in Kraft, welches das Blockieren, die Überwachung der Datenpakete und jegliche andere Art der Filterung untersagt.
In Deutschland hingegen wurde die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ mit einer Beurteilung bzw. Empfehlung vom Deutschen Bundestag zum Thema beauftragt. Allerdings sind von dieser Institution bislang nur sog. “Zwischenberichte” (aktuell Version 4) verfügbar und eine konkrete Stellungnahme bleibt in absehbarer Zeit noch offen, da auch hier die Einflussnehmer und Interessensgruppen sehr zahlreich sind und es somit immer wieder zu neuen Begutachtungen und Beratungen kommt.
Zusammenfassendes Fazit
Insgesamt hat die Beitragsserie “Netzneutralität” gezeigt, dass es sich um ein sehr weitläufiges Themengebiet handelt. Aufgrund der erläuterten Begriffe und deren Zusammenspiel sind zunächst die Problemfelder in den Fokus gerückt (Teil 1). Der rein technische Aspekt beim Eingriff in die Neutralität der Internetinfrastruktur hat sich dabei als wünschenswert herausgestellt, da er eine grundsätzliche Stabilität der Dienste auch künftig gewährleisten kann. Die Monetarisierung wird kontrovers diskutiert, da die genaue finanzielle Beteiligung der einzelnen Akteure noch offen ist (Teil 2). Grundsätzlich zeigt sich in den weltweiten politischen Entwicklungen ein Konsens über die Gewährleistung von Netzneutralität. In welchem Umfang und in welcher Umsetzung ist bislang allerdings noch eine Frage des aktuellen Standpunktes bzw. der einzelstaatlichen Regelung (siehe oben). Von daher bleibt abzuwarten, wann sich alle Beteiligten in der Diskussion auf einen gemeinsamen Kompromiss einigen werden und wie dieser dann aussehen wird.
Bild: © Wilhelmine Wulff / pixelio.de

Dipl. Informatiker (FH). Hat Technik von der Pike auf in seiner Ausbildung zum Nachrichtengerätemechaniker und Feingeräteelektroniker gelernt. Nach seinem Studium der Informatik begann er 1990 bei DATEV in den Bereichen Entwicklung und Grundsatzstrategien. Mittlerweile leitet er die Abteilung IT-Research im Bereich Strategische Unternehmensentwicklung und beschäftigt sich mit der Virtualisierung von Computerressourcen, der digitalen Rechteverwaltung oder Workflow-Management-Systemen.

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